Sprache des Glaubens (6): Geschichte

Vorüberlegung

Gott wirkt in der Geschichte der Menschheit – Gott wirkt in der Lebensgeschichte des Individuums. Dass das gesagt werden kann, ist Folge der Interpretationen des Handelns Gottes, wie sie in biblischen Schriften bekannt wird. Israel sieht Gott in der Geschichte handeln – und bringt das auch ganz intensiv zur Sprache. Einzelne Glaubende sehen Gott in ihrer Lebensgeschichte handeln – und bringen das auch ganz intensiv zur Sprache – zum Beispiel in den Psalmen. Wie Gottes Handeln in der Geschichte zur Sprache gebracht wird, ist bis heute sehr stark von den jeweiligen Zeiten und den Individuen abhängig.

Gott und Geschichte

Der jüdisch-christliche Glaube ist sehr stark mit Geschichte verknüpft.

1. Altes Testament

Der Auslöser dieses Glaubens, dass Gott in die Geschichte eingreift, war die Erfahrung von Israeliten, dass Gott sie aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat. Lange haben sie geklagt und auf Befreiung gehofft und darum gebetet. Und dann berief Gott den Moses (warum erst jetzt, das wird nicht gesagt) – stärkte, half, begleitete ihn und das Volk. Diese Erfahrung, dass Gott der Befreier aus langer Notsituation ist, ist für weiteres Geschichtsdenken relevant. Aufgrund der langen Zeit des Klagens können auch die Hörer dieses Textes darauf schließen: Wir wissen nicht wann Gott eingreift – wir wissen aber, dass er es tut.

Wie auch immer historische Forschung das alles einordnet und herausarbeitet: Wichtig war dann, dass Gott in die Geschichte dadurch eingreift, dass er gegen feindliche Angriffe Menschen beruft, auch äußerst sonderbare Menschen, die dem Volk das Land immer stärker übereignete (Richterbuch). Gott erlaubte dem Volk später einen Herrscher zu haben, der das Volk leiten sollte. Neben den Königen gab es Priester und Propheten. Priester wirkten am Tempel, die großen Propheten wirkten eher oppositionell politisch.

Deuteronomisten sichteten wohl spätestens mit der Babylonischen Gefangenschaft die gesamte israelitische  Vergangenheit und erkannten in ihr Gottes Geschichtshandeln ganz deutlich: Gott hat Israel erwählt – er schloss mit dem Volk einen Vertrag. Wenn das Volk den Vertrag einhält, dann lässt Gott es dem Volk gut gehen, wenn es den Vertrag bricht, dann lässt er es disziplinieren. Diese Sicht hatten auch die Propheten und warnten vorneweg: Verhaltet euch vertragsgemäß, wenn, dann wird es euch gut gehen, wenn nicht, werden euch fremde Mächte überwinden und ihr müsst für die Fehler der Herrscher, der Priester und euer eigenes asoziales Verhalten büßen. Propheten waren von Gott überwältigte und politisch sehr wachsame Menschen – und so realisierte sich das, was sie als Wort Gottes angekündigt hatten.

In diesem aus vielen Perspektiven sinnlosen Auf und Ab der Geschichte sehen die Glaubenden als Konstante: Gott. Und das schenkt Trost: Wenn es auch noch so schlimm aussieht, Gott wird eingreifen. Jedoch: Wann? Wir erkennen in den Psalmen viele Klagen darüber, dass die Menschen nicht verstehen, dass Gott nicht eingegriffen hat – und sie vertrauen ihm, dass er in Zukunft eingreifen wird. Wir sehen hier die vielfältige Auseinandersetzung mit Gott, den wir Menschen nicht verstehen, den verborgenen Gott. Das betrifft sowohl das Volk insgesamt als auch das Individuum, dessen Klage dann im Hiob Buch literarisch verdeutlicht wird.

König David wird – obgleich er massive moralische Vergehen verübte – der ideale König. Und so kommt die wunderbare Zukunft in den Blick, in der Gott einen Nachkommen Davids auf den Thron heben wird, der anders als viele Herrscher Recht und Gerechtigkeit bringen wird.

Diese Zukunftsvorstellungen sind nicht einheitlich, wie auch manche dieser Sichtweisen von Geschichte nicht einheitlich sind. Es handelt sich um Interpretationen der jeweiligen Gegenwart mit Blick auf die Zukunft. Die gegenwärtige Geschichtsinterpretation soll die Zukunft prägen. Geschichte ist nicht ein einerlei ablaufendes Etwas, ein Etwas, das sich immer in Not und Leid wiederholt, sondern sie ist zielgerichtet – ausgerichtet auf Gottes gutes Ziel, das er mit dem Volk (und manche schauen auf die Menschheit insgesamt) hat.

Dieses jüdische Geschichtsdenken unterscheidet sich von einem rein geistig gedachten Handeln einer Gottheit. Dieser Glauben gibt der Geschichte einen Sinn.

2. Frühe christliche Gemeinde

In dieser Tradition lebte die frühe jüdische (judenchristliche) Gemeinde. Sie erkannte in Jesus Christus den Sohn Davids, der ewig auf dem Thron sitzen wird – aber in modifizierter Weise, als es alttestamentlich erwartet wurde – modifiziert im Sinne Jesu. In Jesus Christus kommt Gott selbst als Mensch in die Menschheitsgeschichte. Er prägt sie. Die Menschheit – nicht mehr allein Israel – geht auf eine Zukunft in Gerechtigkeit zu, in der Unrecht gerichtet und Gottes Liebe sich durchsetzen wird. Bis es aber soweit ist, sollen die Glaubenden sich von Gottes Geist leiten lassen und schon auf diese gute Herrschaft Gottes hinarbeiten – und zwar weltweit. Das bedeutet: Menschen machen Geschichte. Unbedeutende Menschen, indem sie sich gegenüber den Mitmenschen im Sinne Gottes verhalten. Eine Mitmachgeschichte: Der Mensch, der Jesus Christus folgt, soll sich so verhalten, wie es dem Glauben an Jesus Christus entspricht. Unbeachtete Menschen rückten ins Zentrum: Man gab Hungernden, nahm ausgesetzte Kinder auf, man gründete Tafeln, half Witwen und Waisen, gründete dann später (2./3. Jahrhundert) Krankenhäuser… (Dass es in dieser Geschichte auch viele Scharlatane gab, ist klar. Darum wurde im 2. Jh. auch die kirchliche Hierarchie entwickelt, um die Scharlatane zu isolieren. Ebenso wurde in der Zeit die Grundlage für den neutestamentlichen Kanon [Sammlung von Schriften] gelegt, um zu zeigen, welcher Maßstab für Christen gilt.)

Die alttestamentlich dominante Sicht ist also rückblickend erschlossen worden: Das Volk erkennt: Gott hat uns geleitet, durch Höhen und Tiefen. Er hat Vertragsbruch geahndet, er hat Vertragserfüllung belohnt. Diese Sicht war dann später für die jeweilige Zeit Mahnung – handle nach Gottes Willen – und Trost – Gott ist der Herr auch dieser negativen Zeit, in der wir leben. In der neutestamentlichen Apokalypse des Johannes wird diese Sicht (unter Aufnahme zwischentestamentlicher jüdischer Literatur) dann auf die ganze Welt weiter ausgedehnt und modifiziert: Die christliche Gemeinde soll sich im Sinne Gottes standhaft verhalten – und sie wird von den Heiden massiv angegriffen und verfolgt (Verfolgung in der Zeit Domitians – ca. 95 n.Chr.) – aber Gott wird diesem Unrecht ein Ende bereiten. Der Apokalyptiker Johannes hat das mit Blick auf Naherwartung ausgesprochen: Gott wird bald alle Tränen abwischen. Auch Jesus war wie sein Lehrer Johannes von der Naherwartung überzeugt: Bis Gott kommen wird, sollen die Nachfolgerinnen und Nachfolger sich schon so verhalten, wie Jesus es vorgelebt und gefordert hat. (Naherwartung – man wundert sich, dass die frühe Gemeinde diese Texte beibehalten hat, obgleich sie doch den Erfahrungen widersprochen haben. Die Evangelien usw. sind geprägt von der Erfahrung der Auferstehung Jesu Christi. Von daher waren solche Aussagen irrelevant. Es gab dann freilich viele Erklärungsversuche – aber die Auferstehungserfahrung strahlt so hell, dass auch diese überstrahlt werden.)

In den gesammelten Schriften des NT sehen wir zum Beispiel im Lukasevangelium, dass die alttestamentliche Sicht, die in den Kindheitsgeschichten ausgesprochen wird, christlich modifiziert wird: Jesus ist der Messias, aber er wird nicht die Römer aus dem Land werfen, sondern er hat als Sohn Gottes ein anderes Konzept: Er regiert, er leitet die Seinen durch seinen Geist. Der nationale Glaube wird Internationalisiert. Es kommt  nicht mehr darauf an, dass allein das Volk Gottes zu Gott zurückfindet – die ganze Menschheit hat Anspruch darauf, die frohe Botschaft (das Evangelium) zu hören. Die Kinder Gottes müssen unter Verfolgungen, Spott usw. leiden – aber das wird sie nicht klein kriegen, sie werden durchhalten… Leiden bedeutet nun nicht mehr, dass man von Gott bestraft wird, dass Gott einen allein gelassen hat. Verfolgungsleiden ist gerade ein Zeichen dafür, dass man zu Gott gehört. Widergöttliche Menschen sind es, die den Glaubenden leiden zufügen. Hiermit werden auch alttestamentliche Ansätze aufgegriffen, die vom leidenden Gerechten sprechen: Man erträgt das Leiden, das Menschen Gott zufügen wollen.

Kurz gesagt: Alttestamentliche Erwartungen wurden durch das Jesus-Ereignis neu gedeutet, modifiziert aufgenommen. So wurde (nicht nur) für Lukas Jesus Christus das Zentrum der Geschichte.

Deutlich ist, dass wir hier gedeutete Geschichte haben, eine Geschichte, die aus Glauben gedeutet wird. Es werden schlechte Zeiten eingeordnet – es werden gute Zeiten eingeordnet. Nun haben freilich auch damals nicht alle diese Sichtweise übernommen, es hat sich Heidnisches gehalten – aber diese Sicht hat sich dann doch weitgehend durchgesetzt.

3.

Die Konstante, die die Bibel durch die 500-1000 Jahre durchzieht: Gott ist der Herr der Geschichte. Wie er der Herr der Geschichte war, so wird er es auch sein. Doch er ist kein Herr der Geschichte, der alles minutiös geplant hat und der Mensch nun seine Marionette ist. Gott ist Herr der Geschichte, der sie lenkt und weiterführt – aber sie ist auch Beziehungsgeschichte, das heißt, er lässt den Menschen Freiheit. Und nur weil der Mensch frei ist, kann er verantwortungsvoll handeln, nur weil er frei ist, kann Gott ihm Gebote geben, an denen er sich ausrichten soll. Weil der Mensch frei ist, kann er auch gegen Gott handeln, gottloses Handeln (auch derer, die sich Gott zuordnen) bringt allen Menschen Not und Unglück. Wenn also keiner da ist, der in Gottes Sinn handelt, dann geht es in der Welt sehr schlimm zu, bis sich Menschen wieder motivieren lassen, im Sinne Gottes zu handeln und das Übel zu bekämpfen.

4. Gott lenkt alles – Gott lenkt nichts

Es gibt zwei Extreme – bis in die Gegenwart: Gott lenkt alles. Und weil er alles lenkt, ist er für alles zuständig, auch für alles Leiden. Das andere Extrem: Gott lenkt nichts, der Mensch macht alles. Zwischen diesen beiden Extremen finden wir unterschiedliche Interpretationen. Aber: Glaubende wissen sich in all diesen Möglichkeiten bei Gott geborgen, weil er der Herr der Geschichte ist, wie auch immer. Und wenn sie ihn nicht wahrnehmen – dann begegnen wir den unterschiedlichen Erklärungsversuchen, die in den Abschnitten zur Theodizeefrage angesprochen werden. Diese Frage nach Gottes Handeln in der Geschichte bricht dann besonders intensiv auf – und das nicht erst in der Neuzeit, sondern schon in alttestamentlicher Zeit durch die gesamte Geschichte hindurch – wenn Menschen besonders brutal mit anderen Menschen umgehen. Parallel dazu: Diese Frage begegnet besonders intensiv, wenn es dem Individuum besonders schlecht geht. Katastrophen in der Menschheitsgeschichte wie in der Individualgeschichte lassen diese Frage nach Gottes Handeln gleichermaßen aufkommen. Geschichtsbedingte Theodizee und die Theodizee des Individuums führen dazu, dass die jeweilige Zeit wie die jeweiligen Individuen nach Antworten suchen. Einmal aus der Beziehung zu Gott heraus – oder eben auch nicht. Man kommt zu allen Zeiten zu unterschiedlichen Antworten: Während man nach 1945 in Deutschland meinte, man könne nach Auschwitz nicht mehr von Gott reden, meinte die Theologie der Befreiung aus der Perspektive des Leidens in Südamerika heraus: Im Gegenteil: In Auschwitz muss man von Gott reden. Eben auch Bonhoeffer: Gerade in einer Welt, in der man sich von Gott verlassen fühlt (eine gott-lose Welt), muss man als Glaubender Gott lebend verkünden, weil Gott selbst in eine gott-lose Welt gekommen ist.

5. Interpretierte Geschichte: vom Optimismus zur Barbarei

Geschichte ist immer interpretierte Geschichte. Fakten sind meistens deutlicher vor Augen. Aber wie sind die Fakten einzuordnen? Das wird in der Geschichtswissenschaft vielfach diskutiert.

In der Gegenwart gibt es freilich auch die Sicht, dass es keinen Gott gibt. Das bedeutet: Geschichte hat keine Konstante. A) Entweder: es ändert sich nichts, es läuft immer alles irgendwie gleich ab; freilich gibt es technische usw. Änderungen – aber der Mensch bleibt immer derselbe. B) Oder: Wir Menschen bekommen schon die wunderbare Welt hin, es wird immer besser, technische, medizinische usw. Fortschritte werden immer toller, ethisch wird der Mensch gehoben – vor allem unter Ausschaltung von Störungen, die die Religionen und andere Übeltäter verursachen; oder: Man manipuliert ihn – je nach Möglichkeiten und Macht der jeweiligen Gruppen, die ihre heile Welt vor Augen haben. C) Viele Variationen zwischen A und B.

Aus christlicher Perspektive ist zu sehen: Es wird immer besser – die (wahre) Gemeinde wird sich ausbreiten, ihre Sichtweise von einer guten Welt wird auch andere anstecken. Pessimismus ist nicht angesagt. Aber: Der Mensch wird es alleine nicht hinbekommen. Er wird immer wieder in seine aggressiven Muster zurückfallen. Erst Gott wird die Menschheit zu dem führen, wonach sie sich sehnt. Dazu gehört auch die Überwindung des Todes.

Punkt B) zeigt übrigens auch, wie wirkmächtig unter anderem die biblische Sicht geworden ist, dass Geschichte auf eine gute Zukunft hinlaufen wird. Den säkularen Fortschrittsoptimismus gab es schon häufig. So zum Beispiel vor dem ersten Weltkrieg – bis dann diese Sicht zusammenbrach. Den gab es mit Blick auf die Aufklärung, den Kommunismus, den Nationalsozialismus, dann mit Blick auf die Wissenschaft… Aber jedes Mal kam der Zusammenbruch, es sei nur an die Atombombe erinnert, die Zweifel an der Wissenschaft aufkommen ließ (man beachte, dass Oppenheimer die Atombombe „Trinity“ [Trinität] nannte, um zu zeigen: Der Mensch ist Gott, Herr über Leben und Tod [so H.-P. Dürr]). Wir vergessen nur so schnell und denken immer: Mit uns fängt alles neu an, endlich kommt die neue (heute: digitale) Welt. Das ist auch wichtig, weil Menschen diesen Optimismus benötigen, um weiterzukommen. Bis sie dann wieder in die Barbarei zurückfallen – und sich wieder zu neuem Optimismus aufrappeln.

6. Perspektive der Bibel

Sieht man nicht, dass Gott keine Rolle spielt, sondern nur menschliche Interpretation? Gott spielt in der Interpretation durch die Menschen eine Rolle. Gott verhilft der Menschheit in dem Rahmen, wie sie es jeweils auffassen kann, zum Verständnis von Geschichte. Von daher wird auch die Interpretation immer weiter gehen. Die (begrenzte) Vielfalt der Bibel lehrt uns, dass wir alles Starre, Verkrampfte abwerfen können und uns auf das einlassen können, was Gott uns jeweils zu unserer Zeit – unter Berücksichtigung der Vergangenheit und besonders der Worte der Bibel – zeigt: Christen können in Zeiten des Optimismus vor Fehlentwicklungen warnen – und sie können in schlechten Zeiten dem Pessimismus dadurch begegnen, dass man auf Gott vertrauend Mitmenschen hilft. Wie wir es aus der Bibel durch den Geist Gottes gelernt haben und lernen.

Das alles kann man freilich nur sagen, wenn man von der Größe „Gott“ ausgeht. Wenn man nicht von ihr ausgeht, dann ist alles in menschlicher kultureller Evolution eingebettet.

7. Geschichtsinterpretation in der jeweiligen Zeit

Wovor Christen sich aber scheuen sollten, ihre jeweilige Zeit als Zeit Gottes einzuordnen. Viele lassen sich einfach von Euphorien des jeweiligen Volkes und der Gruppen anstecken, sodass manches als Zeit Gottes interpretiert wird, das in den Untergang führt – schlicht und ergreifend, weil auch Christen verblendet sein können. Nicht zuletzt die Zeit unter dem Nationalsozialismus hat das gelehrt.

Und wie interpretieren wir unsere Geschichte heute? Ich tue es so: Wir sind dankbar, dass es vielen von uns in Mitteleuropa so gut geht – auch aufgrund dieser unserer christlichen Tradition. Aber: Dankbarkeit ist Arbeit für die Menschen, denen es nicht gut geht. Weltweit. Christen gestalten Geschichte eben durch diese soziale Arbeit. Bis die Geschichte durch Gott beendet werden wird.

(entnommen aus: https://glaubensdiskussion.wolfgangfenske.de/sites/18_02/18_02_12_gott_und_geschichte-1.html )

8. Zu überlegen:

Für die alten Griechen und Römer machten Menschen Geschichte. Götter wurden integriert, aber die Macher waren Menschen.

Für die Schreiber des Volkes Israel und die Propheten machen auch Menschen Geschichte, aber Gott funkte immer wieder herein, nahm, wenn es sein musste, das Heft selbst in die Hand.

Für uns heute sind die alten Heiden die Vorbilder: Mensch macht Geschichte. Wir haben auch als Christen Angst vor der alttestamentlichen Sicht. Warum? Sie wurde zu oft von falschen Propheten vereinnahmt, auch gut meinende Menschen irrten sich. Sie sahen Gott wirken, doch war er es nicht.

Doch das Problem war auch schon im Alten Testament: Wer deutet die Gegenwart richtig? Der Prophet Gottes oder der falsche Prophet? Die Lösung war, soweit ich sehe nie: Gott macht keine Geschichte – da Menschen sich irren können. Die Frage ist: Wen hat Gott berufen, die Geschichte richtig zu deuten?

Und so gab es auch zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus Christen, die die Zeit schon richtig gedeutet haben, gesehen haben, wo alles hinauslaufen wird. Sie wurden missachtet, weil man aus der Zeit heraus lieber den falschen Propheten nachlief. Und dann kam, was die wahren Propheten schon angesprochen hatten: Die wahre Niederlage. Eben, wie Heinrich Vogel sah: Gott lässt sich nicht spotten.

Und dann? Dann sagte man, das könne man so nicht sehen, das habe mit Gott nichts zu tun, lassen wir Gott aus dem Spiel der Geschichte, Männer machen Geschichte und seit ein paar Jahren dürfen auch Frauen mitspielen. Aber Gott?

Und so machen Männer und Frauen Geschichte. Und Glaubende sehen noch immer Gott in ihr wirken. Aber: Pssst, nicht weitersagen, man könnte sich blamieren.