Kreuzzüge

Die Bezeichnung „Kreuzzug“ stammt aus dem 17. Jahrhundert; vorher hieß das, was wir heute als „Kreuzzug“ bezeichnen: Peregrinatio = Pilgerfahrt)

Vorgeschichte: Von Mohammed bis zum Kreuzzugsaufruf

Mit den so genannten Kreuzzügen handelte es sich um militärische Reaktionen auf islamische Angriffe gegen das christliche Land Byzanz bzw. Ostrom genannt. Die Grenzen des Reiches sollten entlastet werden, indem sich die Kämpfe auf das Heilige Land konzentrierten. Darüber hinaus kamen die Aufrufe, in den Kampf zu ziehen, sicherlich auch innenpolitisch gelegen, weil Mitteleuropa auf diese Weise junge Männer loswerden konnte, die Sicherheitsrisiken boten: Bandenbildung, Raubzüge… Diese militärischen Aktionen waren zum Teil kaum sorgfältig geplant, sondern Aktionen, die von emotionalisierten Menschen durchgeführt wurden – auch zum Nachteil vieler Mitteleuropäer: Heere plünderten auf dem Weg nach Palästina ganze Regionen, es fanden Überfälle auf Dörfer und Städte statt – auch Pogrome gegen Juden. Diese Art „Kriegführung“ war etwas typisch Mitteleuropäisches. Nicht ausgebildete Heere führten weitgehend Kriege, sondern – wie man es den alten Germanen nachsagte – Banden kampffreudiger Menschen. Natürlich waren auch Ritter dabei – und ganz viel Fußvolk. Zudem ist zu berücksichtigen: In dieser frühen Zeit wurde der Islam als eine christliche Sekte angesehen – als eine christliche Splittergruppe, die Irrlehren verbreitet. Das hängt damit zusammen, dass der Koran auf weiten Strecken das Alte Testament neu erzählt und Mohammed meinte, er müsse Judentum wie Christentum reformieren. Kreuzzüge waren im Christentum nicht unumstritten, obgleich genaue Regeln aufgestellt wurden, die allerdings kaum eingehalten worden sind. So hat Radolphus Niger (1146-1200[?]) ein Traktat gegen Kreuzzüge geschrieben, ebenso hat Wolfram von Eschenbach die Ermordung von Menschen als Sünde bezeichnet. In den Kreuzzügen ging es nicht um Mission, darum, Menschen zu Jesus Christus zu bekehren. Denn schon früh wussten Christen, dass gewaltsame Missionierung für sie tabu ist. Freiheit der Religion ist Menschenrecht (Tertullian: 150-220; Ansatz dafür: Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen: Matthäusevangelium 13,24ff.). Die Kreuzzüge waren nicht in erster Linie ein Krieg gegen die Muslime, es ging um die Unterstützung von Byzanz und die Rückeroberung Jerusalems. Es ging auch darum, das eigene Leben aus dem Fegefeuer zu retten – ein politischer Schachzug Urbans II., persönliche Religion mit dem Krieg zu verbinden. Urban hatte an dieser Stelle von Mohammed gelernt, der auch den Kämpfern das Paradies versprochen hat. Kreuzzüge waren nur eine Episode für die Kampf erprobten Muslime. Ohne weitere Bedeutung. Diese bekamen Bedeutung erst, als sie mit dem britisch/französischen Kolonialismus der Neuzeit verbunden wurden. Europäische Staaten hatten islamische Staaten besetzt, was dem religiösen Selbstbewusstsein von Muslimen einen massiven Schlag versetzte.

Die positiven Auswirkungen der Kreuzzüge: Sie haben Europa wirtschaftlich und politisch selbständiger gemacht. Europa war seit dem Niedergang des Römischen Reiches ein bedeutungsloses Anhängsel asiatischer und islamischer Politik. Das änderte sich erst mit den Kreuzzügen – kultureller Ausdruck war die Renaissance. (Vor allem mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus im 15. Jahrhundert begann Europa aufgrund des dadurch erlangten Reichtums intensiv die Weltpolitik zu bestimmen.) Was das Christentum Asiens betraf: Die Kreuzzüge hatten im weiteren asiatischen Umfeld kaum negative Auswirkungen auf Christen, wie an Johannes von Montecorvino (1246-1328) zu sehen ist https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_von_Montecorvino .

Es sei noch angemerkt, dass ich die traditionelle Zählung der Kreuzzüge aufgreife. Heute wird es eher anders gesehen. In der langen Zeit der Existenz der vier Kreuzfahrerstaaten gingen Menschen ununterbrochen nach Jerusalem und kamen wieder zurück. Diese Zeit ist insgesamt differenzierter zu sehen.

  • 622-632 Eroberung des Gebietes von Saudi Arabien usw. durch Mohammed.
  • 632-661 Islamische Eroberungen bis nach Afghanistan und das christianisierte Nordafrika, z.B. Libyen.
  • 661-750 Islamische Eroberungen bis nach Pakistan/Indien und das christliche Spanien.
  • 722 Araber in Spanien – ständige Abwehrkämpfe.
  • 732 besiegte Karl Martell die Araber und behielt Nordspanien (Schlacht von Poitiers).
  • 831 Muslime nehmen das christliche Palermo (Sizilien) ein; viele Angriffe auf Rom.
  • 846 Verwüstung Roms.
  • 939-960 Araber – Raubzüge in der Schweiz: bis Genf/St. Gallen.
  • 966-1009 Aufgrund einer Radikalisierung der muslimischen Bevölkerung, wurde der Bischof von Jerusalem, Johannes, verbrannt. Der Kalif Al Hakim ließ Christen massiv verfolgen, Kirchen zerstören und plündern und die Grabeskirche schleifen.
  • 1071/1078 Islamische Seldschuken-Türken (Großdynastie) bedrohen Byzanz und erobern Jerusalem, nachdem sie vorher schon kriegerisch durch die Gegend gezogen waren.
  • (Info zur Situation in Europa: 1076-1122 Investiturstreit: Auseinandersetzung zwischen den zwei dominanten Mächten im christlichen Bereich: Wer hat mehr Macht: Kaiser oder Papst?)
  • 1095 Byzanz bittet den Papst um Söldner zur Unterstützung gegen die muslimischen Seldschuken. Auf der Synode zu Clermont ruft Papst Urban II. zum Kreuzzug auf. Neu an diesem Kreuzzugsaufruf war: Wer kämpft, bekommt Sündenvergebung, hat somit Anteil am Paradies. Hier wurde muslimische Tradition vom Papst übernommen und ins Christentum übertragen.

Kreuzzüge

  • 1096-1099 1. Kreuzzug: Er führte zur Gründung: Grafschaft Edessa, Fürstentum Antiochia, Königreich Jerusalem. Der erste Kreuzzug sollte im August geregelt aufbrechen. Peter der Einsiedler hat vorher eine sehr große Menschenhorde (Männer, Frauen, Kinder) emotionalisiert, sodass sie schon im April aufgebrochen ist – und hat Judenpogrome durchgeführt – Bischöfe und Städte versuchten, Juden zu schützen. Die Gruppe wurde in Israel bekämpft und besiegt, was in Europa als Strafe für ihre Verbrechen angesehen wurde. Peter der Einsiedler blieb am Leben und schloss sich dann den später eintreffenden Rittern an. Aber nachdem die Leitung gestorben war, zerstritten sich die Ritter. Jerusalem wurde dann von verhältnismäßig wenigen Rittern erobert. Wie jede Eroberung von Städten war sie brutal. Die brutalen Schilderungen der damaligen Zeit greifen jedoch Schilderungen aus der Antike auf, um die Bedeutung des Sieges hervorzuheben (zum Beispiel Schilderungen aus dem 1. Makkabäerbuch 5). Sie entsprechen nicht den Tatsachen. Neu ist allerdings, dass solche Schilderungen von Christen übernommen wurden. Es waren keine Missions-Kreuzzüge (Ausnahme: Bernhard von Clairvaux [1090-1153] war für Mission mit Gewalt, Wilhelm von Tyrus mit vielen anderen [1130-1186] dagegen). Ebenso sollten es keine Eroberungs-Kreuzzüge sein: Eroberter Besitz sei an die alten Besitzer zurückzugeben.
  • 1144 Türken/Osmanen erobern Edessa (den ältesten christlichen Staat: Armenien).
  • 1147-1149 2. Kreuzzug zur Entlastung der Kreuzfahrerstaaten. Er hatte keinen Erfolg. Wendenkreuzzug an der Elbe (dänische, sächsische und polnische Fürsten gegen die Elbslawen. Es wurden also nicht nur Kreuzzüge gegen islamische Heere geführt).
  • 1187 Sultan Saladin (1171 Sultan in Ägypten, 1193 Herrscher auch über Syrien) erobert Jerusalem und den größten Teil der von Franken gehaltenen Gebiete.
  • 1189-1192 3. Kreuzzug Friedrich Barbarossa, Richard Löwenherz, Philipp II. August (König von Frankreich): Eroberung Zyperns und Rückeroberung Akkons.
  • 1202-1204 4. Kreuzzug Eroberung des christlichen Konstantinopel (durch französische Ritter und der Republik Venedig – es ging um Vorherrschaft im Handel – gegen den Willen des Papstes) und Teile Griechenlands; Gründung des lateinischen Kaiserreichs durch Franken und Venezier.
  • 1209-1229 Kreuzzug gegen die Albigenser (Katharer – eine extrem asketische christliche Gruppe) in Südfrankreich.
  • 1212 Kinderkreuzzug – von Herrschern abgelehnt, sogar gewalttätig bekämpft, um Kinder zum Umlenken zu bringen – Kinder/Jugendliche starben oder endeten als Sklaven in islamischen Ländern, verkauft von Händlern (die Forschung ist sich allerdings uneins über die Ausmaße).
  • 1218-1221 Ägyptenkreuzzug. 1219 war Franz von Assisi in Ägypten und wurde vom Sultan freundlich empfangen.
  • 1228-1229 5. Kreuzzug Friedrich II. gewinnt durch einen Vertrag Jerusalem zurück; 1239 Deportation der Muslime aus Sizilien.
  • 1244 Endgültige Eroberung Jerusalems durch ägyptische Muslime (Mamluken) (gegen ein Kreuzfahrerheer, mit dem syrische Muslime verbündet waren!).
  • 1248-1254 6. Kreuzzug Ludwig der Heilige von Frankreich versucht das Heilige Land von Ägypten her zu erobern.
  • 1261 Ende des lateinischen Kaiserreichs.
  • 1270 7. Kreuzzug  Ludwig der Heilige zieht gegen das islamische Tunesien, da von dort aus ständige arabische Sklavenzüge in Europa durchgeführt wurden.
  • 1291 Ende der fränkischen Herrschaft im Heiligen Land.
  • 1371 fiel Makedonien in die Hände der Osmanen.
  • 1396 Der sogenannte „letzte Kreuzzug“ eines französisch-ungarischen Heeres: Niederlage von Nikopolis.
  • ab 1420 Kreuzzüge gegen die christlichen Hussiten in Böhmen.

Weitere Abwehrkämpfe durch europäische Staaten und Eroberungen islamischer Staaten:

  • 1448 3. Schlacht auf dem Amselfeld (Ungarn+Deutsch-Böhmen gegen Osmanen)
  • 1453 Türken erobern Konstantinopel, die Hauptstadt von Byzanz, das Reich, das im Wesentlichen schon von den Osmanen besetzt war. Sie nannten Konstantinopel: Istanbul.
  • 1479 Türkische Truppen in Norditalien.
  • (Info zur Situation in Europa: 1517: Beginn der Reformation durch Luther.)
  • 1529/1532 Türken vor Wien: konnten zurückgeschlagen werden.
  • 1571 Zerstörung der osmanischen Flotte (Seeschlacht bei Lepanto: Spanien + Venedig gegen Osmanen).
  • (Info zur Situation in Europa: 1618-1648 30 jähriger Krieg.)
  • 1683-1699 Türken belagern Wien erneut – sie wurden zurückgeschlagen.
  • 1714-1718  6. Österreichischer Türkenkrieg: Prinz Eugen von Savoyen schlug sie endgültig zurück.
  • 1830 Griechenland befreit sich von osmanischer Herrschaft.
  • 1878 Serbien und Bulgarien wurden unabhängige Staaten.
  • Zwischen 1830 (Algerien) und 1912 (Marokko) wurde Nordafrika von Frankreich erobert, ab 1839 (Jemen), 1882 (Ägypten) und 1920 (Irak und weitere) hat Großbritannien große Teile der islamischen Welt „übernommen“. Inzwischen sind sie jedoch wieder selbständig.

Hinweise:

Manche Untersuchung wird noch Überraschungen mit sich bringen, die ein neues Licht auf die Kreuzzüge werfen lassen.

Aufgabe:

  1. Vergleiche die Aussagen oben mit diesem Beitrag: https://klexikon.zum.de/wiki/Kreuzzug
  2. Was fehlt in dem Beitrag des Lexikons?
  3. Was meinst Du: Wenn das fehlt, kann man die Kreuzzüge geschichtlich richtig einordnen?

Wenn Du das Vorangegangene sorgfältig gelesen hast, merkst Du eine ganze Menge, was an diesem Video alles falsch ist (beachte: es heißt auch nicht: „von Jesus Christi!“ – aber das weißt Du ja schon):