Gottesbeweise 1

Zunächst wird ein kleiner Überblick über die Gottesbeweise gegeben.

1. Gottesbeweise

Der Mensch versucht, Gott zu denken, seine Realität mit dem Verstand zu erfassen und entwickelte Gottesbeweise: Menschen versuchten das, was sie sehen, erfahren, glauben zu verstehen. Sie wissen: Aus sich selbst heraus kann nichts entstehen – nun ist aber etwas. Wie kommt das? Und diese Macht, die dieses Etwas ermöglicht, verursacht, wird Gott genannt. Die Frage stellt sich: Und wer hat Gott gemacht, woher kommt Gott? Diese Frage wird so beantwortet: Jedes Wort hat eine Definition, eine ihm zugedachte Bedeutung. Die Bezeichnung „Gott“ hat die Bedeutung: Er war schon immer und hat alles erschaffen, er erhält und vollendet. Das können wir Menschen nicht denken – aber wir können im Grunde mit dem Verstand auch nicht erfassen, dass überhaupt etwas ist. Wir können nicht erfassen: Was war vor dem so genannten Urknall, was ist außerhalb des Universums? Was ist „Nichts“? Wir können nicht erfassen, dass es Bewegung gibt, denn aus sich selbst heraus kann sich nichts bewegen, wir können nicht denken, dass Materie lebt, denkt, liebt, atmet… Wenn Gott als eine Macht definiert wird, die schon immer war, man diese Macht aber ablehnt und durch die Natur ersetzt, dann ist die Natur Gott, bzw. anders gesagt: die Welt ist Gott, weil sie schon immer war.

Im folgenden Abschnitt seien kurz einige Versuche, Gott zu „beweisen “, vorgestellt.

Aufgabe 1: Die Fachbegriffe merken!

Ontologischer Gottesbeweis:

Gott ist das Seiende an sich – und das kann nur gedacht werden, wenn es das auch gibt, wenn dieses Seiende, der Urgrund allen Seins, das Prinzip allen Seins sich selbst denken lässt. Der Mensch, der nur das erfassen kann, was für ihn unmittelbar lebensnotwendig ist, was seine Sinne ihn erkennen lassen, ist überfordert, von sich aus das Seiende schlechthin zu erkennen. Dass wir also Gott denken können, liegt daran, dass Gott den Menschen ermöglicht, Gott zu denken. Wenn dem nicht so wäre, würden wir nur an das denken, was mit den Sinnen erfasst werden kann. Etwas andere Intention hat der islamische Gelehrte Avicenna (um 1000 n.Chr.): Es gibt ein in sich selbst notwendiges Sein – dieses ist Gott. Alles andere Sein ist nur aus diesem Sein heraus denkbar (s.u.).

Der Kosmologische Gottesbeweis gliedert sich in:

  • Kausalitätsbeweis:

Alles hat eine Ursache – irgendetwas/irgendjemand muss die Welt verursacht haben: die anfangslose Ursache ist Gott.

  • Kontingenzbeweis:

Wenn etwas existiert, dann muss es etwas geben, das diese Existenz ermöglicht – und es muss außerhalb der ermöglichten Existenz stehen (schon vorchristlich).

  • Kinetischer Beweis:

Materie, Raum, Zeit können sich nicht selbst begründen und verändern – es muss etwas vorhanden sein, das diese Veränderungen verursacht. Gegenwärtig wird dieser Beweis von den Menschen bevorzugt, die Folgendes sehen: die Naturkonstanten sind so fein aufeinander abgestimmt, dass Leben auf der Erde erst ermöglicht wird – nicht nur Leben auf der Erde wird ermöglicht, sondern auch Leben, das über all das nachdenken und forschen kann. Eine minimalste Abweichung hätte nie zum Leben geführt (z.B. Abstand der Erde von der Sonne – Bedeutung des größten Planeten Jupiter für das Leben auf der Erde, Achsenneigung der Erde, Mond…). (Die Komplexität der Welt wurde schon vorchristlich als Gottesbeweis angesehen, so zum Beispiel von Cicero.)

  • Teleologischer Gottesbeweis:

Jeder Plan hat einen Planer – das Universum muss geplant sein. Warum herrscht nicht – was wissenschaftlich klar wäre: Chaos, sondern warum herrscht Ordnung?

Moralischer Gottesbeweis:

Wir verhalten uns nur sittlich, weil Gott uns das Gewissen gegeben hat – Gott ist die Triebfeder des Gewissens und der Sittlichkeit. Weiter geführt: Dass der egoistische Mensch (selbstlos!) lieben kann, dass er (auch gegen die These vom “Survivel of the Fittest“) nach Gerechtigkeit strebt – und wenn er Liebe und Gerechtigkeit nicht übt, ein schlechtes Gewissen hat (Ausnahmen bestätigen die Regel bzw. lassen sich kulturell hin und wieder erklären) – das weist auf Gott als liebenden und gerechten Schöpfer des Menschen.

 Ethnologischer Gottesbeweis:

In allen Kulturen gibt es eine Gottesahnung. Wie kommt das? Diese muss von Gott in den Menschen hineingelegt worden sein. (Schon vorchristlich, so von Cicero vertreten.) (Aus christlicher Perspektive: Gott hat durch seinen Geist die Welt geschaffen. Der Geist Gottes ist die Spur Gottes in der Welt, er erhält sie und lässt den Menschen Gott erkennen. Durch die Begrenztheit des Menschen, durch seine Sünde, kann der Mensch Gott allerdings nie ganz erkennen, von daher gibt es unterschiedlichste Religionen.)

Eudämologischer Gottesbeweis:

Es gibt immerwährende Sehnsucht nach Glück – es wird irdisch nie gestillt, es muss eine Erfüllung der Sehnsucht nach Glück geben = Gott. Entsprechend die Sehnsucht nach vollkommener Liebe, Gemeinschaft. Durch diese Sehnsucht lockt Gott den Menschen, sich Gemeinschaft fördernd, liebend zu verhalten.

Sinnfindung als Gottesbeweis:

Normalerweise gibt sich der Mensch nicht damit zufrieden, einfach nur sein alltägliches Leben zu leben: essen, schlafen, sich vermehren, sich wohlfühlen. Er sucht nach mehr, nach dem Sinn des Lebens. Ist die Frage nach dem Lebenssinn im Menschen von Gott angelegt worden, damit er nicht müde wird, nach Gott zu fragen? sehnsucht nach Gott?

Aufgabe 2: bevor Du den nächsten Abschnitt liest: Wie findest Du diese Gottesbeweise. Sind sie plausibel? Findest Du Gegenargumente? Gegenargumente spielen in Büchern gegen den christlichen Glauben eine große Rolle. Schreibe Deine Überlegungen auf.

Vertiefende Texte dazu sind hier zu finden – bitte bearbeiten, bevor der Text unten gelesen wird! (E-Ethik)

2. Glaube und Gottesbeweise

Gegen alle Gottesbeweise gibt es Argumente. Gottesbeweise sind nur Glaubenden ein Beweis. Genauso: Gegenbeweise gegen Gott sind nur Atheisten ein Beweis, weil für Glaubende Gott real ist. Christlichen Glauben geht es von Anfang an nicht darum, Gott zu beweisen. Das Wort „Glaube“ bedeutet „Vertrauen“ – und ist ein Ausdruck der Beziehung (Gott als „Vater“ – ist im Gebet ansprechbar). Gottesbeweise sind relativ, sie berücksichtigen auch immer die „Unfassbarkeit“ Gottes. Von daher geht die Kritik an ihnen („Sie sind ja keine Beweise!“) immer ins Leere. Vielleicht ist die Bezeichnung „Gottesbeweis“ auch Schuld an dem Missverständnis. Sie können allerdings in ihrer jeweiligen Zeit, für das jeweilige Individuum so plausibel sein, dass der jeweilige „Beweis“ wirklich als Gottesbeweis gilt. Andere Menschen sehen Erfahrungen, die sie im Leben gemacht haben, als Gottesbeweis an.

Entsprechend ist es im Islam. Man bedarf keines philosophischen Beweises, dass es Allah gibt, da der Koran ja der Beweis schlechthin ist. Aus dem Koran heraus werden die Beweise für Allah/Gott erhoben. Somit sind auch einige der oben genannten Gottesbeweise kompatibel mit dem Koran. Eine intensive Darlegung der Beweisführung finden wir hier: http://www.eslam.de/begriffe/g/gottesbeweis.htm (Schiitisch)

3. Bedeutung von Gottesbeweisen

Über Gottesbeweise nachdenken, ist nicht sinnlos, denn sie führen das Denken immer weiter. Wie kann man etwas, das eigentlich nicht beweisbar ist, dennoch beweisen? Das führt zu verstandesmäßigem Hochleistungssport, vergleichbar mit Fragen der Physik, der Mathematik und Kosmologie. Das führt auch zu der Frage nach unserer Sprache: Was kann Sprache eigentlich leisten? (*) Es führt dazu, sich selbst zu hinterfragen: Welches Vorverständnis habe ich – kann ich als Mensch aus meinem Vorverständnis herauskommen?

Gott kann man nicht beweisen. Man kann sich aber fragen: Was ist für mich plausibel? Kann es Weltentstehung aus dem Nichts geben? Kann es Zufall (kein wissenschaftlicher Begriff!) sein, dass die Welt und damit auch die Erde so sind wie sie sind? Kann Leben aus Materie entstanden sein – aus Zufall? Ist es wissenschaftlich denkbar, dass äußerst viele Komponenten auf einmal zusammengefügt wurden, um im Mikrokosmos wie im Makrokosmos das entstehen zu lassen, was sichtbar vor Augen ist? (Z.B. die Zelle) Warum ist Natur – berechenbar, wird von einer mit Zahlen berechenbaren Ordnung bestimmt?

Aufgabe 3: Fasse die beiden Abschnitte 2. und 3. zusammen.

(*)

Wandelnde Weltbilder und ungenügende Sprache

Welt- und Menschenbilder sind durch die Jahrhunderte verschieden – oder auch weltweit unterschiedlich kulturell geprägt. Die Verabsolutierung eines Weltbildes wird zur Ideologie. Wenn andere dazu gezwungen werden, eine Weltanschauung zu übernehmen, herrscht keine Freiheit mehr vor, sondern Totalitarismus. Der Mensch selbst kann sich und seine Welt nicht absolut sehen, er wandelt sich ständig (jüdisch-christlich gesprochen: Der Mensch ist als Ebenbild Gottes ein Geheimnis wie Gott ein Geheimnis ist).

Die Sprache ist begrenzt. Wörter / Texte können nie alles aussagen, was der Mensch aussagen möchte. Unsere Sprache vermittelt aufgrund der Begrenztheit ein begrenztes Weltbild.

Wer sich mit Pferden beschäftigt, kennt viele Begriffe, um die Pferde voneinander zu unterscheiden: Rappe, Schimmel, Fuchs, Schecke, Wallach, Hengst, Füllen, Stute, Kaltblüter, Warmblüter, Vollblut, Hannoveraner, Trakehner… – wer sich mit Pferden nicht auskennt, sagt nur: ein schwarzes Pferd! Das bedeutet, während manche nur ein schwarzes Pferd sehen, sehen andere eben ein vielfältiges Wesen. Sie können ganz anders über die Pferde reden, weil sie ein breiteres Spektrum an Wörter haben.

Das gilt für alle Bereiche. Auch die der Philosophie, der Naturwissenschaften, der Theologie usw. Aber dennoch ist die Sprache begrenzt, so viel Möglichkeiten sie auch bietet. Und wenn eben eine Kultur nicht viel – zum Beispiel – mit einem Pferd zu tun hat, dann sieht sie weniger als Kulturen, die viel mit Pferden zu tun haben. Kulturen, die eine begrenzte Sprache haben, haben auch ein in der jeweiligen Hinsicht begrenztes Weltbild. Das betrifft nicht nur einzelne Kulturen, sondern den Menschen überhaupt. Er hat eine begrenzte Sprache, die Sprache begrenzt seine Welt. Er versucht sie immer weiter auszudehnen, zum Beispiel in der Dichtung, in der Philosophie, der Theologie, der Musik, den Filmen – aber auch dieser Versuch zeigt, dass die Sprache begrenzt ist. (Aus: https://mini.evangelische-religion.de/glaube-und-naturwissenschaft-1/) Zudem kommt, dass unser Hirn evolutionär gewachsen ist, somit auch weiterhin Veränderungen unterworfen sein wird. Der jetzige Stand der Sprache und der Entwicklung des Gehirns ist eine Momentaufnahme. Beides zeigt die Begrenzung der Welterkenntnis an, die der Mensch unterworfen ist. Das gilt für die Religionskritik wie für die Religionen.