1. Wann wurde Religion erfunden und warum?
Soweit wir heute sehen können, gab es Religion mit dem Homo sapiens sapiens. Ob der Neandertaler auch Religion kannte, ist noch nicht klar. Religion ist also mit dem modernen Menschen gegeben. Atheistische Ansätze gehen davon aus, dass der Mensch „Religion“ gemacht habe. Es wird überwiegend aber davon ausgegangen, dass Religion schon da war – und diese nicht „ausgestorben“ ist und auch nicht aussterben wird, weil sie evolutionäre Vorteile bringt. Religiöse Menschen sind stabiler im Leben als nicht religiöse Menschen (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel). Religion bringt also für den Menschen Nutzen. Aus religiöser Sicht allerdings ist der Mensch religiös, weil Gott Menschen seinen Geist schenkt. Von daher ist die Sehnsucht nach Transzendentem immer gegeben. Kurz: Die Sehnsucht nach Gott, danach zu ergründen, warum es etwas gibt, das höher steht als Mensch bzw. Schöpfung.
2. Welche Religion gibt es am längsten oder sind die Religionen zur gleichen Zeit entstanden?
Am längsten dürfte es die „Ahnen“-Religionen geben. Von den so genannten Hochreligionen ist es der Hinduismus (der allerdings aus einer ganzen Menge religiösen und philosophischen Strömungen besteht). Aus dem Hinduismus ist der Buddhismus hervorgegangen (6. Jahrhundert). Das Judentum leitet sich von Abraham / Moses ab, ca. 2000-1300 vor Christus. Aus dem Judentum hat sich um die Zeitenwende das Christentum entwickelt. Im 7. Jahrhundert nach Christus lebte Mohammed, der aufgrund der jüdisch-christlichen Tradition den Islam begründet hat.
3. Was sind Merkmale einer Religion?
Es wird unterschieden zwischen Funktion und Substanz.
Substanz bedeutet: der Mensch glaubt an etwas Höheres, etwas Transzendentes. Das Transzendente kann personalisiert sein: Geister der Ahnen sein, Dämonen (Satan), Götter, Gott; das Transzendente kann eine Macht sein: kosmische Macht, unaussprechliche Macht, das Gefühl, Teil von etwas Überindividuellem zu sein. Aber auch esoterische Verhaltensweisen gehören dazu: sein Leben von Sternkonstellationen abhängig machen (Horoskope), von Talismanen usw.
Funktion von Religion ist es seit jeher: Menschen zusammenzuführen, bieten Gemeinschaft – das durch unterschiedlichste Aktionen (singen, körperliche Aktionen, sprechen, hören, etwas ansehen…), Riten (regelmäßiges miteinander handeln, zum Beispiel durch beten, singen, essen). Sie bieten Welterklärungen, helfen Individuen den Alltag emotional und rational zu bewältigen, sie helfen individuelle und gesellschaftspolitische /soziale Krisen zu bewältigen. Sie bieten Regeln für das Zusammenleben, im Umgang mit der Natur, im Umgang mit Gefahren. Menschen fürchten vielfach die Zukunft, weil sie diese nicht eindeutig erkennen können. Religionen helfen, dieses Undurchdringliche zu bewältigen, manche Religionen über das Sterben hinaus.
Nicht alle Religionen haben die gleichen Merkmale. Und nicht alle gemeinschaftlichen Handlungen sind religiös. Die Frage stellt sich jedoch immer wieder: gehören zum Beispiel Nationalsozialismus und Kommunismus zu religiösen Bewegungen? Sie haben von Religionen eine Menge kopiert. Gehören bestimmte Verhaltensweisen im Fußball, in der Modewelt, im Rahmen der Bewunderung von Menschen (Idol – Vergöttlichung; Filmschauspielerin als „Göttin“ bezeichnet) zur Religion? Darüber wird dann diskutiert.
Luther sagte sinngemäß: Wovon du dein Leben abhängig machst, das ist Gott. Und weiter geführt: Wie man mit dem, von dem ich meinem Leben abhängig mache, umgehe, befinde ich mich in Religion.
4. Wer hat Gott entdeckt?
Im jüdisch-christlichen Bereich wird nicht gesagt, dass irgendjemand Gott entdeckt hat. Im Gegenteil: Gott ist für Menschen unzugänglich. Damit es dann doch zum Glauben kommen kann, muss sich Gott offenbaren, zu erkennen geben. Der erste, von dem das jüdische Volk ein solches Erkennen bekennt, ist Abraham. Es folgen weitere Urväter, Mose, Propheten. Im christlichen Bereich offenbart sich Gott in Jesus Christus – gibt sich also in Jesus Christus zu erkennen. Dass das weiterhin möglich ist, Gott zu erkennen, liegt am Geist Gottes. Sein Wirken ermöglicht Erkenntnis Gottes.
5. Wie haben sich verschiedene Arten von Religion entwickelt? / Wie wandeln sich Religionen in den Jahren? Ab wann kann man seine eigene Religion gründen?
Oben wurde gesagt, dass Gott Menschen Sehnsucht nach Gott in die Herzen und Hirne gesenkt hat. Und dieser Sehnsucht geben die Menschen nach, machen sich Gedanken darüber. Sie machen sich zu unterschiedlichen Zeiten, an unterschiedlichen Orten Gedanken, in den unterschiedlichen Kulturen, und so gibt es bestimmte religiöse Grundzüge, die sich unterscheiden. Dann gibt es weiterhin unterschiedliche Interpretationen heiliger Schriften, sodass Menschen meinen, neue Wege gehen zu müssen. Unterschiedliche Religionen sind somit in der Verschiedenheit und der Entwicklung von Menschen begründet.
Religion wandelt sich mit der Menschheit, mit den jeweiligen Kulturen, denn sie ist Teil dieser.
Jeder kann seine eigene Religion gründen. Die Frage ist freilich: Macht das Sinn, wenn davon ausgegangen wird, dass die Religion eine Offenbarung Gottes ist, wie oben dargestellt wurde. Schon viele versuchten es, vor allem auch im 19. Jahrhundert. Von den meisten dieser Ideen spricht heute keiner mehr.
6. Schamanen haben Macht über Geister – müssten sie dann nicht stärker als diese sein, somit Götter?
Unter dem Wort „Schamane“ werden unterschiedlichste Vorstellungen gesammelt. Wesentlich ist nicht seine Macht über die Geister, sondern seine Fähigkeit, mit den Geistern in Kontakt zu treten. Somit kann er das erkennen, was die Geister anzumerken haben. Es geht im Wesentlichen um Techniken, die er von vorangegangenen Traditionen übernommen hat. Diese Techniken sind sehr unterschiedlich: mit Hilfe von Natur (Pflanzen, Tiere), mit Hilfe von von Menschen gemachten Gegenständen, mit Hilfe von Ekstase, Drogen, bzw. einfach Erfahrungen. Wenn sie zum Beispiel mit Blick auf Krankheiten aktiv werden, dann verwenden sie Pflanzen usw. – aber mit Hilfe der Religion haben sie auch Einwirkung auf die Psyche. Die Geister sind mächtiger als ein Mensch. Wenn sie durch einen Menschen handeln, hat es größere Wirkung als wenn nur ein Mensch handeln würde.
7. Wie lange wird Religion noch existieren?
Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Religion irgendwann beendet sein werden. Hiermit ist erst einmal nicht eine der Hochreligionen gemeint, sondern das Religiöse insgesamt. Religion gibt es beim Homo Sapiens seit es ihn gibt – zumindest werden archäologische Funde entsprechend gedeutet. Ob sie schon bei Neandertalern vorhanden war, ist noch offen. Neben den Hochreligionen gibt es auch in komplexeren kulturellen Systemen eine Vielzahl von so genanntem „Aberglauben“ – heute als Esoterik bezeichnet: Glaube an die Wirkung von Heilsteinen, Horoskopen, Wünschelruten, Pendeln usw. Von solchen Formen sind vielfach auch atheistisch geprägte Menschen beeinflusst. Zudem entstehen immer neue Bewegungen, die religiöse Traditionen aufgreifen, auch wenn sie die traditionellen Religionen ablehnen: Kommunismus, Nationalsozialismus, Idealismus usw. In den Zeiten der Aufklärung, die besonders religionskritisch waren, wurde ein Tempel der Vernunft errichtet – also religiöse Vorstellungen wurden säkularisiert – und gleichzeitig transzendiert.
Ob Hochreligionen ewig existieren werden, ist auch nicht sicher. Es gab schon viele Versuche den christlichen Glauben zu zerstören: angefangen bei den Römern – über den Islam – bis hin zu Systemen des 20. Jahrhunderts (Kommunismus, Nationalsozialismus). Die Religiösen wurden zertreten, ihr Untergang wurde vorausgesagt, aber es gibt so viele Christen wie seither auf der Welt. In kommunistischen Staaten, so in China, leben viele missionarisch im Untergrund.
Es gibt viele Versuche, den Glauben säkular zu interpretieren, somit die Religion ins Leere laufen zu lassen. So ist Gott eine Erfindung der Menschen, „Gott“ wird umdefiniert, sodass er nur ein anderes Wort für umfassende Kommunikation wird, „Gott“ wird als pantheistische Macht angesehen, das heißt als „natürliche Macht“, die alles in der Natur zusammenhält, „Gott“ ein anderes Wort für das Gewissen, für die Psyche usw. Die Neudefinitionen sind zeitbedingt und ersetzen einander. Da aber die großen Religionen Heilige Schriften haben, setzen sich zumindest bis heute deren Gottesaussagen durch – auch als Gegengewicht zu den jeweils modernen Bewegungen / Weltanschauungen.
Wichtig ist auch zu berücksichtigen, dass Religionen flexibel sind. Sie versuchen den Glauben in die jeweilige Zeit zu transformieren. Das wird Hermeneutik genannt, das heißt: die Religion versucht ihren Glauben so zu formulieren, dass die jeweiligen Zeitgenossen das, was Glaubende glauben, verstehen können.
8. Gibt es Religionen, die nicht anerkannt werden?
Es kommt auf die Perspektive an. Extreme Atheisten erkennen keine Religion an.
Dann gibt es Spannungen innerhalb der Religiösen. So werden Abspaltungen von den Religionen (z.B. Konfessionen) nicht immer anerkannt – ist auch von den jeweiligen Zeiten abhängig. So etwas wie den Ökumenischen Rat der Kirchen, die versuchen, die protestantischen Kirchen miteinander sprechen zu lassen, damit eine Ablehnung auf sachlicher Ebene angesprochen wird.
Es gibt aber auch Gruppen, die aus allgemeiner christlicher Sicht abgelehnt werden, weil sie mit der Basis nicht übereinstimmt, zuweilen auch gefährlich ist (z.B. Scientology). Es gibt auch Religionen, die Menschen äußerst extrem missachten und missbrauchen, so die alten Mittel- und Südamerikanischen Religionen der Maya und Inkas mit ihren Menschenopfern.
9. War Gott ein Moslem?
Gott ist Gott. Menschen interpretieren Gott. Muslime interpretieren Gott aus der Perspektive Mohammeds. Hindus interpretieren Götter bzw. Gott (das höchste kosmische Prinzip: Brahman) usw. Christen sehen in Jesus Christus Gott, der Mensch geworden ist.
10. Gibt es auch im Buddhismus und im Hinduismus Einflüsse vom Christentum bzw. Judentum und Islam?
Das ist eine sehr komplizierte religionswissenschaftliche Frage. Das Problem: die heiligen Schriften von Buddhismus und Hinduismus sind erst in nachjesuanischer Zeit schriftlich fixiert worden. Zudem: Es gibt religiöse Erfahrungen, die viele Menschen unabhängig voneinander machen. Es muss also im Einzelfall diskutiert werden. Manche gehen zum Beispiel davon aus, dass Teile des Buddhismus nicht von Anfang an vegetarisch waren, sondern von der christlichen Gruppe, den Nestorianern, zum Veganismus geführt wurden. Aber das ist alles sehr kompliziert, da Veganismus auch schon in vorchristlicher Zeit bekannt war.
11. Wieso hat man in den einzelnen Religionen unterschiedliche Schriften und nicht eine neutrale Heilige Schrift?
Heilige Schriften sind Ergebnisse von kulturellen Entwicklungen unterschiedlichster Gruppen. Menschen sind selten einer Meinung und so formulieren Menschen ihren Glauben und finden dann Menschen, die diesen Glauben teilen. Das sind Entwicklungen, die sich über Jahrhunderte hinziehen können. Die Texte, die in den Heiligen Schriften gesammelt wurden, prägen wiederum die Generationen, die mit diesen Schriften erzogen werden.
Heilige Schriften sind lebendig. Sie sind Ausdruck einer Vielfalt von Erfahrungen mit anderen Menschen und mit Ereignissen in der Welt, sie interpretieren und lehren die Welt zu verstehen. Eine Schrift, die versuchen würde, alles neutral darzustellen, wäre ohne Kraft. Wäre ein reines logisches Konstrukt aufgrund von Kompromissen. Mit Heiligen Schriften leben Glaubende und aus ihnen leben Glaubende, sowohl individuell als auch als Gemeinschaft. Ein Kompromisswerk würde im Leben kaum hilfreich sein.
12. Gibt es auch anderen Religionen wie im Christentum, die missionarisch sind?
Außer dem Christentum ist der Islam missionarisch im engeren Sinn. Judentum ist Volksbezogen, Hinduismus bezieht sich auf Indien und Inder. Der Buddhismus hat auch missionarische Intention, wird aber häufig nicht als Religion sondern als Philosophie angesehen. Ein Bodhisattva ist ein Buddhist, der Erwacht ist, aber nicht ins Nirwana eingehen möchte, sondern Menschen von der Erwachung überzeugen will, damit sie sich auch um diese „bemühen“.
13. Warum wird in der Schule meistens evangelische, katholische Religion und Ethik unterrichtet, obwohl es doch so viele andere Religionen gibt?
Weil wir in Deutschland überwiegend Christen sind. Es wird hier und da versucht, islamischen Religionsunterricht einzuführen, was aber sehr schwer ist, da der Islam in Volksgruppen und Konfessionen gespalten ist (Sunniten, Schiiten, Ahmadiyya), die nicht gerne von Lehrern der anderen Konfession unterrichtet werden wollen.
14. Wenn man konvertiert, ist man Gott noch treu?
Wenn Menschen innerhalb der jeweiligen Religionen – also zu einer anderen Konfession – konvertieren, sind sie Gott treu. Konversionen finden bei Glaubenden nicht einfach nur so statt, sondern ist ein langer Prozess, in der Menschen mit Gott in Beziehung stehen, und betend, Bibel lesend eine Entscheidung erarbeiten.
Der Übergang zu einer anderen Religion ist entsprechend zu beurteilen, hat aber das Problem, dass hier das gesamte Gottesbild / die gesamte Gottesvorstellung neu durchdacht werden muss. Die Gottesvorstellungen zum Beispiel im Christentum – Islam – Hinduismus unterscheiden sich massiv.
Die Frage ist: Will ich konvertieren, weil ich heirate, weil der Partner einer anderen Religion angehört? Damit ist allerdings kein Glaube der Auslöser, sondern das soziale Zusammenleben. Hier muss der jeweilige Mensch sich fragen: Ist mir mein Glaube wichtig? Wie weit hat er mich geprägt? Kann ich einfach so rüberswitchen? Was ist das für eine Religion, die eine Konversion erzwingt – kann ich mich grundsätzlich mit einer solchen Religion einverstanden erklären, die liebende Menschen zwingt, die Religion zu wechseln? Welche Folgen hat das für ein langfristiges Zusammenleben, für die Erziehung der Kinder, für die Gemeinschaft, Familie?
15. Inwiefern ist man gläubig, wenn man nicht an das glaubt, was in der Bibel steht?
Wer im christlichen Sinne glaubt, das heißt an den einen Gott, der sich in Jesus Christus den Menschen offenbart / gezeigt hat, der möchte wissen: Wer ist eigentlich dieser Gott? Was möchte er mir mitteilen? Wie kann ich mein Leben an Gottes Willen orientieren? Er möchte mir helfen, mir beistehen, mich trösten, mich regulieren – das kann er im Wesentlichen durch die Bibel. Wenn ich nur durch andere Menschen von Gott erfahre, bin ich abhängig von deren Interpretationen, deren Erklärungen der Bibel. Glaubende möchten aber in direkten Kontakt mit Gott treten. Und das geschieht durch Bibellesen und beten.
16. Wie hat Gott Jesus gezeugt?
In der ersten Schöpfungsgeschichte (Genesis 1) lesen wir, dass Gott die Welt durch seinen Geist geschaffen hat. Gottes Geist war über den Elementen – und dann heißt es: Gott sprach… – und durch das Wort Gottes wurde die Welt geschaffen. So ist auch die „Erschaffung“ von Jesus Christus in Maria zu denken. Gott zeugt nicht, wie die griechischen Götter, Gott erschafft.
17. Wieso hat Gott / Jahwe eine Frau, obwohl er kein Geschlecht hatte und es damals das Rollenbild von Mann und Frau gab?
Gott zeigt sich den Menschen nicht in seiner Gesamtheit als der, der er ist. Er zeigt sich den Menschen schrittweise, damit sie überhaupt verstehen, wer er ist. Und so hatten die Menschen in vorisraelitischer Zeit die Vorstellung, die Götter sind über Statuen erfahrbar, sie müssen verheiratet sein usw. Dann hat Gott durch Abraham und Mose gezeigt, dass er anders ist: Er ist keine Statue, er ist der, der er ist, der, als der er sich dem Volk zeigt. Gott stellt sich dem Mose als Jahwe vor – und Jahwe bedeutet: Ich bin, der ich bin bzw. Ich bin der, als der ich mich handelnd zeigen werde. Gott wird hier – um es so zu sagen: abstrakter. Das hätten die Menschen vorher nicht verstanden, weil sie nur in der Kategorie: wie ein Mensch – oder wie ein Gegenstand usw. denken konnten. In Jesus Christus kam das „Menschliche“ und das „Abstrakte“ dann zusammen. Wie das zu denken ist, wie wir Menschen uns das vorstellen können, darüber machen sich die Menschen Gedanken. Manche denken da philosophischer, manche bildhafter. Aber an dem Menschen Jesus – der gleichzeitig auch der Christus ist – kommen wir nicht mehr vorbei.
18. Warum passieren manchmal so schlechte Dinge im Leben, wenn Gott es doch ändern könnte? Wieso tut Gott nichts? (Morde, Mobbing…)
An der zweiten Schöpfungsgeschichte (Genesis 2-3) können wir Spannendes beobachten: Im Paradies ist alles sehr gut. Das Übel beginnt erst mit dem so genannten „Sündenfall“ – das heißt, Menschen werden Gott ungehorsam. Gott lässt dem Menschen Freiheit. Er lässt dem Menschen Freiheit, sich Gott und somit dem Menschen zuzuwenden, oder sich von Gott und den Menschen abzuwenden. Wenn der Mensch im Sinne Gottes handelt, handelt er gut, wie wir an Jesus Christus sehen, wenn er ohne Gott handelt, handelt er schlecht. Gott überlässt also dem Menschen sehr viel. Und so entwickelt sich auch der Mensch zu einem sozialen Wesen. Wenn Gott nur alles regeln würde, wäre der Mensch nicht frei – auch nicht frei zu lieben, im Sinn der Nächstenliebe. Lieben kann der Mensch nur in Freiheit. In dieser Freiheit, Gutes und Böses tun zu können, kann sich der Mensch bewähren. Das ist aber nur ein Aspekt. Der andere: Gott greift ein. Nur ist das etwas, was wir nicht immer wahrnehmen. Zum Beispiel: Was könnte alles an Schlimmem passieren – und es passiert nicht! Glaubende sehen sich in Gottes Hand. Andererseits geschieht auch Glaubenden Schlimmes. Und sie versuche n das dann mit Gott zu verstehen. Es gibt keine Antworten, die auf alle Menschen gleichermaßen zutreffen. Jeder glaubende Mensch versucht sein Leben aus der Perspektive Gottes zu betrachten und mit Gottes Kraft auch schlimme Situationen zu bewältigen.
19. Ist Gott verheiratet mit Mutter Natur?
Natur wird als Mutter bezeichnet, nicht, weil sie eine ist. Es handelt sich um eine Metapher, weil Pflanzen aus der Erde wachsen usw. Natur hat – wie die Evolution – keinen Willen, kein Ziel, sie macht nichts aus Bewusstsein. Von daher ist der Begriff Mutter ein überzogener Begriff. Ein Euphemismus. Mutter Natur lässt nicht nur wachsen, sie nimmt auch, sie bestraft. Aber all das ist nichts, was sie willentlich tut, sondern ist Folge natürlicher Prozesse.
20. Warum sind so viele Leute kritisch gegenüber Religionen?
Sind sie es? Wenn es in Europa und den USA kritische Menschen gibt, ist das doch weltweit nicht zu verallgemeinern. Weltweit gesehen gibt es mehr religiöse Menschen als nicht-religiöse.
Es gibt unterschiedliche Gründe: (a) Manche sind kritisch gegenüber dem Handeln von Religionen. Sie sind einfach anderer Meinung. (b) Manche sind kritisch, weil Religionen immer einen Spagat üben zwischen Tradition und Moderne. Manche halten an der Tradition fest – manche wollen die Moderne intensiver installieren. (c) Manchen sind Religionen zu emotional, manchen zu wenig rational. (d) Manche haben sich der religiösen Sprache entfremdet. Das heißt, sie verstehen einfach nicht, wenn das Wort „Gott“ fällt, dass dahinter eine reale, eine wirksame Größe stecken kann. (e) Manche erkennen eine Spannung zwischen Realität und dem, was die Religion sagt.
In der Moderne haben wir den philosophischen Atheismus. Das bedeutet: Gott entzieht sich rationalem Denken. Menschen können Gott nicht rational erfassen. Aus religiösen Gründen ist das auch normal, da Gott außerhalb der Schöpfung steht, was allerdings philosophische Atheisten nicht akzeptieren können, da sie ein anderes Weltbild haben.
Zudem haben wir in der Moderne eine Form des Atheismus, besser: des Agnostizismus. Der Glaube an Gott bringt mir nichts. Ich sehe keine Relevanz in dem, was Religionen sagen für meinen Alltag. Von daher wenden sie sich von religiösen Fragestellungen ab. Das bedeutet aber auch, dass sich diese wieder melden können – vor allem in schweren Lebenssituationen. Da sie sich aber nie mit dem Glauben beschäftigt haben, kann es sein, dass sie den Zugang nicht finden, sich somit wieder von der Fragestellung abwenden.
Manche führen auch die Wissenschaft als Grund an, was aber letztlich keinen Sinn macht. Denn Gott hat den Menschen Vernunft gegeben – und das heißt: Wissenschaft und Glauben sind kompatibel, die Individuen müssen nur herausfinden, inwiefern sie kompatibel sind. Es besteht keine Trennung zwischen Glaubenden und Wissenschaftler, denn es gibt viele glaubende Wissenschaftler. Nicht die Wissenschaft trennt vom Glauben, sondern es gibt Weltanschauungen, die ohne Glauben klarkommen und Weltanschauungen, die sich vom Glauben bestimmen lassen.
21. Ist Atheismus eine Religion / ein Glaube?
Manche sagen, dass dem so ist. Ich würde eher von Weltanschauung sprechen. Es gibt eine Fülle an Weltanschauungen: politische, religiöse (nicht zu verwechseln mit Religion), soziale, individuelle, kulturelle, umwelt- und klimaaffine. Und es gibt eben Religionen. Der Unterschied zwischen Weltanschauung und Religion aus der Sicht christlichen Glaubens: Menschen haben Weltanschauungen – der jüdisch-christliche Glaube ist Offenbarung Gottes. Manche zählen Religionen auch zu Weltanschauungen. Das bedeutet also: die Begrifflichkeit ist nicht klar.
22. Was ist, wenn Religion nur ausgedacht ist?
Atheistische Philosophen (z.B. Ludwig Feuerbach) postulieren, dass der christliche Glaube nur ausgedacht ist. Er versucht herauszufinden, warum Menschen sich einen Gott ausgedacht haben könnten. Und das versuchen Atheisten bis in unsere Zeit hinein. Was wäre also, wenn der christliche Glaube von Gott ausgedacht worden wäre? Er hätte Menschen geholfen, sein Leben zu bewältigen. Anders Karl Marx: der christliche Glaube wurde ausgedacht, damit er die Befreiung des Menschen von Kapitalisten (ausbeuterischen Menschen / Firmen) verhindert. Sigmund Freud meint, Gott sei ein anderes Wort für das Gewissen der Menschen – die Gesellschaft nennt das Gott, um Menschen kontrollieren zu können. Was wäre also, wenn Menschen „Gewissen“ los werden? Manche gehen davon aus, dass Religion nur in aus irgendwelchen Gründen stimulierte Gehirnareale bestehen. Und so gehen die Meinungen hin und her. Aus christlicher Perspektive ist dem eben nicht so. Christlicher Glaube sagt: Gott zeigt sich in Jesus Christus, macht sich durch den Geist Gottes erfahrbar. Gott macht sich allerdings durch das Gehirn dem Menschen bemerkbar. Da der Mensch aus christlicher Perspektive aber nicht nur Gehirnmensch ist, sondern Körper und Geist eine Einheit bilden, m Got5t sich auch durch den Körper bemerkbar, z.B. durch die Sinne (Taufe, Abendmahl usw.).
23. Taufe
Die Fragestellung ist sehr lang – gebe ich verkürzt wieder. Warum werden Babys getauft? Sollen Menschen nicht selbst entscheiden?
Säuglinge werden in der Kirche getauft, weil im Neuen Testament gesagt wird: Er ließ sich mit seinem ganzen Haus taufen. Der Familienvater war in der Antike dominant. Allerdings kennen wir auch Fälle, in denen Frauen sich gegen den Willen des Mannes taufen ließen. Was zu Spannungen führte. Im Judentum wurden Säuglinge beschnitten, als Zeichen der Zugehörigkeit zum Volk Gottes. Die christliche Gemeinde hat dem die Taufe entgegengesetzt: Nicht Beschneidung bedeutet Zugehörigkeit zum christlichen Volk Gottes, sondern die Taufe. Gleichzeitig gehört das Kind zur „Institution“ Kirche. Theologisch interpretiert bedeutet Kindertaufe, dass auch Säuglinge in die vergebende Gnade Gottes hineingenommen werden. Darauf kann sich dann ein Kind bzw. dann auch als Erwachsener berufen – und Kraft, Trost, Mut daraus bekommen. Eltern glauben also stellvertretend und erziehen das Kind im Glauben, sodass es später mit seinem Leben den Glauben bestätigen kann.
Die Säuglingstaufe ist lange umstritten. Baptisten kennen den Segen über das neugeborene Kind – und es muss dann später selbst entscheiden, ob es getauft werden möchte. In unserer Zeit ist vielfach die Tradition der Säuglingstaufe auch Thema von Diskussionen. Das darum, weil Eltern Kinder taufen lassen, selbst aber nicht glauben, das Kind also nicht im Glauben erziehen; weil Eltern Kinder gar nicht mehr taufen lassen – aber dann kommt es zur Erwachsenentaufe bzw. im Kontext von Konfirmationen.
24. Wie stark darf Religion kritisiert werden?
In einem freien Land darf man nicht fragen: darf etwas kritisiert werden, wie darf etwas kritisiert werden. Wir haben die allgemein menschlichen Regeln einzuhalten: das sagen, was wir denken, keine Fake News verbreiten, nicht beleidigen und erniedrigen. Wenn alle normalen Regeln der Kommunikation eingehalten werden dürfen Religionen kritisiert werden. Es gibt Religionen, die dann von Feindlichkeit bzw. Phobie gegen die Religion sprechen, um Kritik zu unterbinden. Aber das darf in einem freien Land nicht berücksichtigt werden. Von daher: Religionen dürfen auch stark kritisiert werden – wie Allerdings auch akzeptiert werden muss, dass Religion stark kritisiert.