Aufgabe 1:
(a) Du hast schon über Werte nachgedacht. Was denkst Du ganz spontan: Was sind für Dich die drei wichtigsten Werte? Warum?
(b) Wie geht es Dir damit, das aufzuschreiben?
1. Metawert – Werte – Regeln
Regeln:
Wie verhalte ich mich angesichts der Werte konkret; die Werte bilden auch zum Teil die Grundlage der Gesetzgebung
Werte:
Vor dem 20. Jahrhundert dachte man ontologisch: das heißt alles Sein (Ontologie: Lehre vom Sein; Schöpfung, Leben) wird vom allumfassenden Sein (Gott) bestimmt. Das gilt auch für die Werte. Werte werden damit von Gott her begründet (jüdisch/christlich) bzw. von dem, was dem Menschen vorangeht, was außerhalb des Menschen liegt (Platon). Werte sind also vorgegebene Überzeugungen, Ideale, die viele Menschen einer Gesellschaft/Gruppe gemeinsam haben. Sie prägen das Individuum und dadurch regeln sie das gute und erfolgreiche Miteinander, ohne dass Menschen vertieft darüber nachdenken.
Seit dem 19./20. Jh. zunächst anthropozentrisch (Anthropos: der Mensch – Anthropozentrisch: der Mensch steht im Mittelpunkt): Das, was den einzelnen Menschen, den Individuen zum Leben wichtig ist, das, was der Gesellschaft zum guten Miteinander wichtig ist, sind Werte, die nicht Gott den Menschen „eingepflanzt“ hat, sondern die von Menschen entwickelt wurden und sich im Lauf der Zeit durchgesetzt haben. (Beispiele für Werte: Würde des Menschen, Verantwortungsbewusstsein, Respekt, Toleranz, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Ordnung, Hilfsbereitschaft, Gesundheit, Sicherheit, Pünktlichkeit, Fleiß, …)
Metawerte:
Durch Albert Schweitzer und andere wurde der anthropozentrische Ansatz mit Blick auf die gesamte Schöpfung ausgedehnt (– später zum Teil mit Lösung vom Anthropozentrismus, das heißt: Natur ist mehr wert, Tiere sind mehr wert usw.) Das könnte man also als Metawert bezeichnen: Allen Werten voran geht die Ehrfurcht vor dem Leben, meinem Leben, dem Leben anderer, ausgeweitet auf das Leben der Tiere und Pflanzen – der Umwelt.
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Beispiel 1:
- Metawert: Ehrfurcht vor meinem Leben
- Wert: Gesundheit
- Regeln: Gesundheit – was muss man alles tun, um möglichst gesund zu bleiben?: Sport treiben, gesund ernähren, keine Drogen, ausgewogenes Leben zwischen Herausforderung und Ruhe, soziales Miteinander
Beispiel 2:
- Metawert: Ehrfurcht vor dem Leben
- Wert: Gleichheit – allerdings hat sie auch mit dem Wert Gerechtigkeit zu tun.
- Regeln: Gleiche Rechte unabhängig vom Geschlecht (individuell: Ehepaare; Arbeitsrecht: gleicher Lohn; gesellschaftspolitisch: Gleichheit von Mann und Frau). Gleiche Rechte unabhängig von Nationalität, sexueller Orientierung, Religion. Gleiche Rechte unabhängig von sozialer Herkunft (Schüler: gleiche Noten).
2. Wertehierarchie – Wertekonflikte
Werte können sich überschneiden – sie können sich aber auch ausschließen: Wertekonflikte. So wenn zum Beispiel der Wert „Freiheit“ des Individuums mit dem Wert „Würde“ in Spannung zueinander geraten: Erkennbar z.B. in der Frage, ob Abtreibung ermöglicht werden soll – Freiheit des Einzelnen – Würde des werdenden Menschen. Die Folge: Es gilt eine kulturell zeitlich bedingte Wertehierarchie (Priority Setting). Zum Beispiel im aktuellen Leben: Ich bin nicht gleichermaßen mit allen Menschen und Lebewesen solidarisch – es gibt eine Reihenfolge: manche darf man nicht töten, manche darf man zu bestimmten Zeiten töten (z.B. im Krieg). Zudem: So wurde zum Beispiel in unserer Gesellschaft die Selbstrücknahme (Bescheidenheit, Demut, Rücksichtnahme) durch die Selbstentfaltung vielfach verdrängt (Folge: Soziales Miteinander/Engagement nimmt aus meiner Perspektive nicht ab, verlagert sich nur auf unterschiedlichste Bereiche – möglichst familiennah).
3. Religiöse Grundlagen der Werte
Religiöse Grundlagen gehören nicht zu den anthropozentrischen Werten. Glaube, Frömmigkeit usw. Sie sind aber die Grundlage der Werte. Denn die Frage stellt sich:
Warum gelten die Werte, die Kulturen anerkennen? Die Philosophie sagt: Weil die Werte von einer Wertegemeinschaft als gut angesehen werden, gelten sie; Religion sagt: Weil Gott Werte setzt. Grundsätzlich ist anerkannt: Kein Staat, keine Gesellschaft macht sich seine/ihre Werte, sie sind religiös-kulturell vorgegeben – können sich allerdings wandeln.
4. Zuordnung der Werte
Man kann Werte in jeweilige Bereiche einteilen (die sich allerdings überschneiden bzw. je nach Bereich anders auswirken [s.u.: Gerechtigkeit]):
- Moralische Werte (Aufrichtigkeit/Wahrheit, Gerechtigkeit, Treue…).
- Religiöse Werte (Gottesfurcht, Nächstenliebe, Menschenwürde, Gerechtigkeit…).
- Politische Werte – Grundwerte (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Toleranz, Gemeinwohl, Solidarität, Frieden, Schutz des Lebens, Verantwortung, Sicherheit – zusammen gefasst im Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar).
- Ästhetische Werte (Kunst, Schönheit, Hässlichkeit, Sinnlichkeit [sinnliche {contemplatio} Wahrnehmung steht über rationale Wahrnehmung]).
- Materielle Werte (das, was handgreiflich da ist, z.B. Wohlstand) – die den vorangegangenen ideellen Werten entgegengestellt werden. Materielle Werte kann man messen, ideelle nicht.
- Werte mit Blick auf die Umwelt (Tiere, Pflanzen…).
Beispiel:
„Gerechtigkeit“ begegnet sowohl im moralischen, politischen, religiösen Bereich. Gerechtigkeit im moralischen Bereich betrifft das Miteinander der Menschen, im politischen Bereich z.B. die Gesetzgebung, im christlich-religiösen Bereich: Gott macht den Menschen gerecht – er wird ihm im Reich Gottes/Paradies Gerechtigkeit zukommen lassen, der Mensch wird aufgrund dieser Vorgaben gerecht gegenüber seinen Mitmenschen leben (vgl. Jesus Christus).
Aufgabe 2:
Es werden in diesem Abschnitt eine Menge Werte genannt. Hattest Du an manche noch gar nicht gedacht? Schreibe sie auf.
5. Gelten Werte weltweit?
Aufgabe 3:
Bevor Du das Folgende liest: Was denkst Du: Gibt es Werte, die weltweit gelten?
Es gibt Versuche, weltweite Gemeinsamkeiten zu erkennen: Welt-Ethos erkennt als Gemeinsamkeit die Goldene Regel (sowohl negative als auch positive Form [1]).
Die Erd-Charta wie auch andere UN-Bestrebungen (Kinderrechte, Arbeitsrechte usw.) versuchen nicht eine gemeinsame Werte-Basis zu finden, sondern Formulierungen, auf die sich die meisten Staatsvertreter einigen können. Vgl. die Diskursethik: Man versucht argumentativ Werte zu begründen. [2] Dagegen müssen aber auch besondere kulturelle Eigenheiten berücksichtigt werden, die sich mit keinen der allgemein anerkannten Werten anfreunden können: Darf es einen Konsenszwang geben?
Modern ist Ethify Yourself – das sich massiv von allen Religionen abgrenzt, dann aber doch die Werte anführt, die in den Religionen grundgelegt wurden. Manche bekommen nur einen moderneren Namen. Mit Blick auf Umwelt: Gerechtigkeit, Umsicht, Balance, Selbstbestimmung, Kooperation, Fairness, Zufriedenheit, Güte, Geduld.
[1] Negative Form der Goldene Regel: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu. Positive Form der Goldenen Regel: Was du willst, dass dir die Menschen tun, das tue ihnen.
Aufgabe 4:
(a) Interpretiere beide Formen.
(b) Worin liegt der Unterschied zwischen beiden Formen? Welche findest Du besser?
[2] Diskursethik: Alles muss auf den Prüfstand gestellt werden. Alle Traditionen, Werte usw. Menschen guten Willens müssen argumentativ das beste beschließen.
Aufgabe 5:
(a) Findest Du, dass die Diskursethik für die Menschheit ein angemessener Ansatz ist, in Frieden weiterzukommen?
(b) Erkennst Du Probleme, die auftauchen könnten?
Aufgabe 6:
Der Apostel Paulus schreibt im Galaterbrief über das, was der Geist in uns hervorbringt:
- Liebe
- Freude
- Frieden
- Geduld
- Freundlichkeit
- Güte
- Treue
- Besonnenheit
- Selbstbeherrschung.
Das nennt man Tugendkatalog. Vergleiche diesen mit Deiner Reihenfolge. Fällt Dir etwas auf? Wenn ja, was?
Aufgabe 7:
Der Apostel Paulus schreibt im 1. Korintherbrief 12, dass man nach den höheren Gnadengaben streben soll. Meinst Du, man solle auch danach streben, Werte immer besser zu leben? Oder soll man einfach drauflos leben, weil Werte für das Individuum wandelbar sind? Begründe.
Aufgabe 8:
Was hat das Thema Werte mit dem Thema Schuld/Sünde zu tun? Präzisiere die Antwort mit Hilfe der Arbeitsaufträge, die Du in den vorangegangenen Stunden bearbeitet hast.
Aufgabe 9:
(a) Wähle aus den Werten des Alphabets aus jeweils einem Buchstaben einen Wert aus, der dir besonders wichtig ist und einen, der dir unwichtig ist;
(b) Wähle aus den Werten, die dir wichtig sind, 15 aus.
(c) Errichte mit den Werten eine Wertepyramide: 5 Kästchen = Basis; darüber 4 Kästchen, darüber 3, darüber 2 – und ganz oben der Wert, der für Dich alle anderen Werte bestimmt.
(d) Spiele Stadt-Land-Fluss. Ein Bereich sollen „Werte“ sein. Lies sie aber nicht aus der folgenden Liste ab. Du kennst sie ja inzwischen.
Hier werden ein paar Werte genannt:
Achtsamkeit, Ausdauer, Autorität, Ausgeglichenheit,
Behutsamkeit, Bequemlichkeit, Bildung, Besonnenheit,
Dankbarkeit, Demokratie, Disziplin, Demut, Dienen,
Ehre, Engagement, Erfolg, Ehrlichkeit, Ernsthaftigkeit, Ehrgeiz, Einfachheit, Empathie,
Familie, Freundschaft, Fröhlichkeit, Fleiß, Fairness, Freiheit, Flexibilität, Frieden,
Glück, Geduld, Gemeinschaft, Gerechtigkeit, Glaube, Gleichheit, Gesundheit, Genuss, Güte, Gelassenheit,
Humor, Harmonie, Höflichkeit, Hilfsbereitschaft, Hoffnung, Heimat,
Klugheit, Kultur, Kompetenz, Kontrolle, Kommunikation, Kompromiss,
Leistung, Lernen, Leidenschaft, Loyalität, Lust, Liebe, Laisses fair,
Mitgefühl, Macht, Menschlichkeit, Muße, Manieren, Mut, Menschenrechte,
Natur, Naturschutz, Neugier, Nachhaltigkeit, Nächstenliebe, Natürlichkeit,
Ordnung, Objektivität, Optimismus,
Phantasie, Pflicht, Pragmatismus, Pünktlichkeit, Präzision,
Reichtum, Respekt, Recht, Ruhm, Ruhe, Risiko,
Selbstverwirklichung, Selbständigkeit, Sorgfalt, Sparsamkeit, Sauberkeit, Sicherheit, Schönheit, Solidarität, Spaß, Schutz,
Tapferkeit, Toleranz, Treue, Teamgeist, Tradition,
Umweltschutz, Überlegenheit, Unterhaltung,
Verantwortung tragen, Vergnügen, Verständnis, Verbundenheit, Vernetzung, Veränderung,
Wahrheit, Wandel, Weisheit, Wohlstand,
Zurückhaltung, Zusammenarbeit, Zugehörigkeit, …